Kahurangi Nationalpark
Wann immer ich Berge mit grauen Felsen auf der Spitze sehe, kommt mir als allererstes der Steinbock-Felsen in Hagenbecks Tierpark in Hamburg in den Sinn. Das mag vielleicht ein bisschen verrückt klingen, aber auch als ich am frühen Sonntagmorgen meinen schweren Rucksack schulterte und vom Parkplatz aus die kargen Berghänge um mich herum betrachtete, kam mir als erstes der Steinbock-Felsen in den Kopf.
Auf den zweiten Blick hat der zweitgrößte Nationalpark Neuseelands im Nordwesten der Südinsel allerdings nicht viel mit einem Tierpark gemeinsam. Hier gibt es kaum angelegte Wege und definitiv keine Gehege. Dafür unendliche Waldlandschaften, steile Klippen, rauhe Felswände, dunkle Höhlen, Wasserfälle, Flüsse und ein unausgesprochenes Versprechen bevorstehender Abenteuer. Ich kann es flüstern hören und spüre ein Kribbeln auf meiner Haut. In dieses fast schon elektische Kribbeln mischt sich ein nerviger Juckreiz. Sandflies sindschon am frühen Morgen unterwegs und Menschenblut ist ihr liebstes Frühstück, wie es scheint. Aber davon werden wir uns den Trip nicht vermiesen lassen. Wir, das sind meine Arbeitskollegin Jamie und ich. Am Donnerstag habe ich sie bei der Arbeit gefragt, ob sie gern wandern geht. Am Freitagabend schickte ich ihr die Informationen für den Trip und heute Morgen bin ich in aller Frühe zu ihr nach Hause gefahren, habe meinen Wanderrucksack in ihr kleines Auto geworfen und jetzt befinden wir uns quasi mitten in einem Übernachtungsabenteuer.
Letztes Wochenende bin ich vor dem Sonnenaufgang aufgestanden und alleine zum eineinhalb Stunden entfernten Berg Arthur gefahren. Ich hatte einen großartigen Tag und habe eine super nette Linda kennengelernt, die mit ihrer Familie seit sieben Jahren jedes Jahr auf den Berg steigt, um ihrem verstorbenen Mann zu gedenken. Seine Asche haben sie auf dem Gipfel verstreut. Der Berg ist 1.795 Meter hoch und von der Spitze bietet sich einem ein fantastischer Anblick über den Nationalpark, das Meer und sogar bis Nelson.
Obwohl ich alleine unterwegs war, und ich kaum Menschen auf meinem Weg nach oben begenete, habe ich mich nur einmal verlaufen und erreichte als dritter Mensch an diesem Tag den Gipfel des Berges Arthur. Vor mir war nur ein Pärchen dort oben, um den Sonnenaufgang zu sehen. Ich traf sie auf ihrem Abstieg. Anscheinend haben sie sich in der Dunkelheit den Hintern abgefroren. Bin froh, dass ich nicht diese Idee hatte bzw. schnell verworfen habe.
Eine Woche später stehe ich also neben Jamie auf dem Parkplatz, an dem der Track zum Berg Owen beginnt. Vor uns liegt eine 6 stündige Wanderung zur Hütte, in der wir übernachten werden und dann noch weitere 3 Stunden bis zum Gipfel, von dem wir wieder zur Hütte heruntersteigen müssen. Ich rechne also mit gut 11-12 Stunden Wanderung. Der zweite Tag wird entspannt, denn der Rückweg sollte in 4 Stunden zu schaffen sein. Gepackt habe ich 5 Liter Wasser, Suppe und Reisnudeln als Abendessen, zwei Sandwiches, 4 Müsliriegel, eine Birne und etwas Beefjerky.
Was soll ich sagen... zum Glück hat Jamie Snacks für uns beide dabei und versorgt mich mit Tomaten aus dem Garten, Süßigkeiten und Karottenstreifen.
Fünf Stunden nach Antritt der Wanderung erreichen wir die Hütte. Ich habe bereits 2,5 Liter getrunken. Glücklicherweise führt unser Weg an einem kleinen Wasserfall vorbei und ich kann meine Wasserflaschen auffüllen. Der Wanderweg ab der Hütte ist nicht mehr mit orangenen Stahlrohren markiert. Ein Teil des Weges ist sehr offensichtlich zu finden, aber je näher wir der Spitze kommen, desto schwieriger wird es. Andere Wanderer vor uns, haben Steine aufgestapelt, um den besten Weg über die Felsen, Spalten, Löcher und Abhänge zu finden. Es ist ein Riesenspaß!! Wir hüpfen von grauem Fels zu grauem Fels, klettern an einigen Stellen und erreichen schließlich die Spitze des höchsten Berges im Nationalpark. Ich versuche mir, meinen Wasservorrat einzuteilen, aber bei der Hütte befindet sich ein Tank mit Regenwasser. Ohne diesen und den kleinen Wasserfall wäre ich definitiv nicht so gut dran gewesen. Fürs nächste mal wird mehr Wasser eingepackt! Auch, wenn es natürlich ganz schön schwer ist.
Wir hatten super viel Spaß und sind heil von unserem Abenteuer zurückgekehrt. Am besten lasse ich die Bilder für sich selbst sprechen.
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Uncle Didi (Donnerstag, 24 Februar 2022 03:45)
Hi Linda. Tolle Bilder, da werde ich echt neidisch. Mit meinem kaputten Knie kann ich sowas leider nicht mehr *seufz* Gruß Dieter