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Ein neues Kapitel: Neuseeland

Am 2. September bin ich um 5 Uhr morgens in Auckland gelandet und konnte nicht fassen, wie kalt, grau und nass mich diese Stadt empfing. Nach der langen Zeit im Australischen Busch, waren all die geschäftig aussehenden Menschen und der Lärm der Großstadt einfach zu viel für mich. Lange bleiben wollte ich auf keinen Fall. Also erledigte ich, was zu erledigen war (Bankkonto eröffnen, IRD Nummer beantragen, SIM Karte kaufen) und sah zu, dass ich mich so schnell wie möglich aus der Stadt verziehen konnte. Zwei Nächte später stand ich am Busbahnhof unter dem Sky Tower. Nach zwei Nächten Zwischenstopp in Whangarei erreichte ich Paihia. Der Plan war, möglichst weit in den Norden zu fahren, weil es dort meiner Logik nach am wärmsten sein müsste. In Paihia wollte ich zwei Nächte verbringen. Heute, gut sechs Monate später bin ich immer noch hier. 

 

Ich wohne bei einem 43 jährigen Staatsanwalt, der Nudist ist und arbeite auf Auto- und Personenfähren und Ausflugsbooten, die raus in die Bay of Islands fahren, um den Touristen das weltbekannte Hole in the Rock zu zeigen, die vielen Inseln zu erkunden oder Delfine zu beobachten. Warum das Loch so weltbekannt ist? Keine Ahnung, aber ich würde auf gutes Marketing tippen. Mein Mitbewohner/Vermieter/ehemaliger Couchsurfinghost ist mit Sicherheit einer der großherzigsten Menschen, die ich in meinem Leben getroffen habe. Trotzdem wohne ich dort nun schon viel zu lange und kenne ihn zu gut, so dass mir viele seiner Eigenheiten ziemlich auf den Keks gehen. Ich bin mir aber sicher, dass er das gleiche über mich denkt. Nicht, dass er das jemals sagen würde. 

 

Warum bin ich also in Paihia stecken geblieben? Ein bisschen wegen des Klimas, vielleicht wegen der Freunde und dem sozialen Umfeld, definitiv aber wegen des Jobs. Ganz offensichtlich bietet dieser unfassbar viele Pluspunkte, dennoch war ich am Ende der Trainingswoche, ganz kurz vor Arbeitsbeginn nicht sicher, ob ich das wirklich packen würde. Dabei ging es weder um die Angst bei der Arbeit seekrank zu werden oder die Kotze von Seekranken aufzuwischen, von der alle sprachen. Auch nicht, beim Umgang mit den Seilen einen Finger zu verlieren oder verstopften Klos zu begegnen. Wirkliche Zweifel bekam ich erst am letzten Tag der Trainingswoche, dem Anprobetag der Arbeitsuniform. Mein schlimmster Albtraum würde wahr: Polo Shirts. Jeder, der mich kennt, weiß von meiner Knopf-Phobie. Ich hasse sie. Besitze selbst kein einziges Kleidungsstück mit den Dingern dran (abgesehen von Jeans und die zählen nicht, weil die Knöpfe ganz anders sind). Dazu kommt, dass die Knöpfe beim Polo Shirt in meinen Augen komplett Sinn befreit sind und bis zum heutigen Tag kein hässlicheres oder abstoßenderes Kleidungsstück entworfen wurde. Warum nur? Warum ich? Warum für ausgerechnet diesen coolen Job? Ich beschwere mich sonst nicht. Wirklich nicht! Ziehe an, was man mir vorsetzt: neongelbe Warnkleidung, Hosen in jeder Länge, bekloppte Regenhosen oder eine Kappe mit dem Logo der Firma drauf... Ich hätte sogar ein plüschiges Ganzkörperdelfinkostüm getragen. Ohne zu murren. Aber Polo Shirts... Das ist Folter. 

 

Naja, was soll ich sagen, ich hab den Vertrag trotzdem unterschrieben und trage die Dinger jeden Tag zu Arbeit. Ich hab mich auch ein miniwinzigklitzekleines bisschen dran gewöhnt. Aber sie gehören definitiv zu den zwei Dingen, die ich nicht vermissen werde. Zusammen mit Kotze. 

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